Treatment of RADIAL APLASIA
Überlegungen
Im Dezember 2023
Eine Radiusaplasie – insbesondere mit vorhandenen Daumen – ist eine seltene Erkrankung. Die Entscheidung, ob und gegebenenfalls wie die daraus resultierende Fehlstellung der Hand behandelt werden soll, stellt eine große Herausforderung dar, besonders da keine der verfügbaren Optionen ein (fast) immer erfolgreicher Standardeingriff ist.
Das drängendste Problem für uns war die hohe Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs – eines erneuten Auftretens der Fehlstellung nach einiger Zeit. Nicht nur, dass wir uns dann erneut mit der Thematik hätten auseinandersetzen müssen, es wäre möglicherweise auch eine ulnokarpale Fusion notwendig geworden (eine vollständige Fixierung des Handgelenks) und/oder zu einem Wachstumsstillstand der Ulna gekommen. Dies wäre vielleicht sogar ein schlechteres Ergebnis als die Radiusaplasie überhaupt nicht zu behandeln.
Es gibt zahlreiche Studien, die hohe Rezidivraten bei Zentralisationen feststellen. Und obwohl die Methode der Radialisation eine deutliche Verbesserung darstellt, scheint das Risiko eines Rückfalls weiterhin beträchtlich zu sein – siehe zum Beispiel hier, hier und hier.
Dieselben Chirurgen, die uns empfohlen haben, unsere Tochter in Deutschland mittels Radialisation behandeln zu lassen, haben uns ausdrücklich gewarnt, dass ein Rezidiv – zumindest zu einem gewissen Grad – wahrscheinlich ist. Nahezu sicher sei ein Rezidiv wenn nicht gewährleistet werden könne, dass unsere Tochter nachts eine Schiene trägt bis sie ausgewachsen ist – also etwa 16 Jahre alt. Anderen Eltern zufolge wird das nächtliche Anlagen von Schienen mit zunehmendem Alter mehr und mehr zum Kampf. Unseres Wissens gibt es außer der Ulnarisation keine anderen vielversprechenden Verfahren.
Nach unbefriedigenden Ergebnissen über viele Jahre hinweg haben einige Einrichtungen die Durchführung von Zentralisationen und Radialisationen ganz aufgegeben und sich auf weniger Eingriffe verlegt, bei denen das Wiederauftreten der Fehlstellung nach einer Zeit normal ist (Quelle). Erstaunlich ist, dass diese Veröffentlichung aus dem Jahr 2020 zwar viele Quellen zitiert, aber weder die Arbeit von Dr. Paley noch die von Dr. Standard erwähnt.
Die Radialisation, eine wesentliche Verbesserung gegenüber der Zentralisation, wurde 1985 – also vor fast 40 Jahren – von Dieter Buck-Gramko vorgeschlagen und ist bis heute das Standardverfahren in Europa. Die Ulnarisation ist zwar eine jüngere Technik, aber dennoch keineswegs neu: sie wurde bereits 1999 vorgeschlagen (erste Generation, mit externer Fixierung). In einigen Fällen kam es jedoch zu einer sichtbaren Wölbung durch das Hervortreten des Ulnakopfes auf der radialen Seite des Handgelenks und einer Schwerkraftbedingten Ulnardeviation), weshalb Dr. Paley dazu überging die Ulna während des Eingriffs zu kürzen. Gleichzeitig wurder der Wechsel von externer zur interner Fixierung umgesetzt (zweite Generation).
Da die Kürzung der Ulna das Auftreten der „Ulna-Wölbung“ jedoch nicht löste, modifizierte Dr. Paley das Verfahren 2019 erneut: Hinzu kam das Lösen eines Bands zwischen zwei Handwurzelknochen – Kahnbein und Lunatum – um Platz für den Ulnakopf zu schaffen. Dies ist die derzeitige drite Generation (Stand: Dezember 2023).
Wichtig ist, dass bei keiner der drei Generationen der Ulnarisation wiederkehrende Deformationen oder Wachstumsstopps auftraten. Die Ulnarisation hat viele weitere Vorteile gegenüber der Zentralisierung und der Radialisierung, z. B. sind weniger Eingriffe und keine externe Fixierung erforderlich. Weitere Einzelheiten zur Ulnarisation und Bilder findest du hier und hier.
Wir wissen auch von Eltern, die sich dafür entschieden haben, überhaupt nicht einzugreifen, und es gibt viele Fälle von Kindern und dann auch Erwachsenen, die sehr gut mit einer unbehandelten Radiusaplasie zurechtkommen. Da dies für uns nie eine Option war, können wir allerdings nicht mehr dazu sagen.
Warum wir uns für Dr. Paley's Variante der Ulnarisation entschieden haben
Da wir in Deutschland leben, wäre die übliche Wahl wohl die Methode der Radialisation gewesen, die in den meisten Teilen Europas angeboten wird. Die bekannteste Klinik, die dieses Verfahren anbietet, ist das Wilhemsstift in Hamburg, jede andere handchirurgische Abteilung verwies uns entweder nach Hamburg oder nach Mannheim (was näher an unserem Wohnort liegt und wo einige Chirurgen aus Hamburg eine neue handchirurgische Abteilung aufgebaut haben). Wir haben unsere Tochter in beiden Kliniken und zusätzlich in Bad Neustadt vorgestellt, um uns beraten zu lassen.
Letztendlich haben wir uns gegen eine Operation in Deutschland entschieden. Dafür hatten wir verschiedene Gründe, die wichtigsten davon waren:
Wir wollten die bestmögliche Behandlung für unsere Tochter (kein Rezidiv!). Wir waren (und sind) überzeugt, dass die Ergebnisse – das heißt Aussehen und Funktionalität der Arme/Hände – der Ulnarisationen von denen wir Fotos von Eltern bekommen konnten, denen von Radialisierungen weit überlegen sind – besonders nach einigen Jahren.
Eine Radialisierung hätte außerdem fünf Operationen bedeutet (wenn alles nach Plan verläuft). Der Eingriff hätte erst dann begonnen, wenn die Knochen/Arme lang genug für die kleinsten Fixateure geworden wären (mit etwa 2,5 / 3 Jahre). Unsere Tochter hätte viele Jahre lang (bis zum Erreichen der Skelettreife) gipsartige Nachtschienen tragen müssen. Und wir hätten ein erhebliches Rezidiv- und damit Reoperationsrisiko gehabt.
Wir haben einige Kinder gesehen und von anderen gelesen, die mit dem Ergebnis einer Radialisation unzufrieden waren (andere waren natürlich zufrieden). Wir haben auch ein Kind kennengelernt bei dem nach der Radialisation des ersten Arms mehrere ungeplante weitere Eingriffe erforderlich waren, weshalb sich die Eltern letztlich entschieden den zweiten Arm nicht korrigieren zu lassen.
Wir haben einige Facebook-Gruppen gefunden und mit vielen Eltern gesprochen, die entweder Dr. Paley oder Dr. Standard aufgesucht haben: alle waren mit den Ergebnissen zufrieden (Dr. Paley und Dr. Standard haben früher in Baltimore zusammengearbeitet bis Dr. Paley in Florida das Paley Institute gegründet hat). Dr. Paley bildet inzwischen hochqualifizierte Chirurgen in Palm Beach und Warschau in der Durchführung von Ulnarisierungen aus (derzeit dritte Generation).
Wir nahmen an einem Online-Chat mit Dr. Standard teil und erhielten so Antworten auf unsere Fragen und nachdem wir Röntgenbilder und Fotos geschickt hatten auch einen Kostenvoranschlag. Dr. Paley schickten wir unsere Fragen per E-Mail und erhielten sehr ausführliche Antworten. Auch hier erhielten wir den Kostenvoranschlag, nachdem wir Röntgenaufnahmen und Bilder geschickt hatten.
Letztendlich haben wir uns für Dr. Paley entschieden weil seine Technik ständig verbessert wurde und uns überlegen erschien. Zweitens bietet er Operationen in Warschau, Polen, am Paley European Institute in Europa an. Und schließlich ist nach der Ulnarisierung kein externer Fixateur erforderlich, um die Position für mehrere Wochen zu halten – mit den damit verbundenen Risiken.
Rückblick
Rückblickend sind wir froh, dass wir dem Rat der deutschen Chirurgen unsere Tochter in Hamburg behandeln zu lassen, nicht gefolgt sind. Es war schwierig für uns, gegen die Empfehlung so vieler Experten zu handeln. Alle unsere Fragen zur Arbeit von Dr. Standard und Dr. Paley wurden mit Ignoranz („noch nie davon gehört“) oder offener Ablehnung beantwortet, unter anderem mit den Worten: „Diese Amerikaner sind Verkäufer, versprechen Ihnen alles, verlangen viel Geld, und hinterher landen Sie dann bei uns, um eine verpfuschte Operation in Ordnung bringen zu lassen.“
Letztendlich haben wir uns nicht auf die Aussagen der (meisten) Ärzte über die Ulnarisation verlassen, sondern auf unsere eigenen Recherchen und auf die Einschätzungen so vieler Eltern, die mit den Ergebnissen zufrieden waren. Der Zweck dieser Website ist auch diese Aussagen zu untermauern.
Es wird gern gesagt, dass „nichts ein gutes Ergebnis verdirbt wie eine gute Verlaufskontrolle“ – auch von Dr. Paley selbst in diesem hörenswerten Podcast. Die Operation ist jetzt 15 Monate her, und die Hände unserer Tochter sehen außergewöhnlich gut aus und funktionieren auch sehr gut. Sie ist kräftig und geschickt, und ihre kleinen Freunde bemerken nicht einmal, dass ihre Arme etwas „anders“ sind. Niemand weiß, wie gut diese Art der Ulnarisierung (dritte Generation) den Test der Zeit bestehen wird, aber die Bilder unten zeigen einige andere Ergebnisse, die schon ein paar Jahre älter sind. Viele weitere Bilder und einige Videos findest du in unserer „Vorher-Nachher“-Bildergalerie.